Zapfenmarkt in Klosterlausnitz

 

Bad Klosterlausnitz war seit vielen Jahren Sitz einer Forstbehörde, und in vielen alten Akten wird auf das Forsthaus und den, dort wohnenden Forstmeister hingewiesen. Auch heute noch erinnert die Forststraße und das Forsthaus in Bad Klosterlausnitz daran. Alte Leute erinnern sich auch noch daran, dass hier in Klosterlausnitz vor dem Forsthaus ein richtiger Zapfenmarkt abgehalten wurde. Die Forstbehörde kaufte die Zapfen der Nadelbäume auf, die hauptsächlich von ärmeren Leuten des Ortes gesammelt worden waren. Aber nicht nur aus dem Orte selbst, sondern auch aus den Nachbardörfern wurden in Körben und Säcken die frisch gepflückten Tannen-, Fichten- und Kiefernzapfen gebracht, die nach Metzen, Vierteln oder Scheffeln berechnet wurden.

 
Zapfenpflücker auf einer Kiefer Federzeichnung von Willi Hädrich
Zapfenpflücker auf einer Kiefer
Federzeichnung von Willi Hädrich
 

Unter Zapfen versteht man die kleinen Früchte der Nadelbäume, die die Einheimischen mit „Kienäppel" oder auch „Kuhlängern" bezeichnen. Die Pflückreife der Nadelbäume ist sehr verschieden. Am frühesten ist die Weymouthskiefer pflückreif. Sie kann Ende August, Anfang September gepflückt werden. An jeder Schuppe der Kiefer glitzert ein großer Harztropfen, so dass bei dieser Arbeit schon sehr bald Hände und auch manchmal die Kleidung beschmutzt werden. Die Tanne reift etwa zur selben Zeit, aber nicht alljährlich hat sie Früchte, denn erst aller 6 Jahre können dieselben gepflückt werden, deshalb war auch der Preis für diese Zapfen am höchsten. Im Oktober und November sind die Fichtenzapfen reif und nach Weihnachten reifen die Kiefernzapfen. Im zeitigen Frühjahr ist die Haupternte der Kiefer und Schwarzkiefer und auch die Lärchen werden dann geerntet. Im April, wenn durch die wärmende Sonne die Zapfen aufplatzen, muss die Ernte eingestellt werden. In früheren Jahren wurden die grünen Zapfen in den Zapfenmagazinen mittels Dampfmaschinen des Samens entledigt und die leeren Zapfen an die Ortsbewohner und an die Bäcker zu Feuerungszwecken verkauft.

Es war oftmals nicht leicht für den Zapfenpflücker, auf den oft bis zu dreißig Meter hohen Bäumen die Zapfen sicher zu pflücken. Diese Arbeit erforderte junge, tatkräftige und mutige Männer, die frei von jeglichem Schwindelgefühl waren. Oft saßen, die Pflücker halbe Tage, manchmal sogar den ganzen Tag auf einem Baum, um die kleinen zahlreichen Zapfen zu pflücken. Es hat unter den Pflückern auch Wagehälse gegeben, die nicht gern von dem Baum abstiegen, um dann auf einem anderen Baum wieder aufzusteigen. Sie wollten sich diesen Weg ersparen und deshalb schwangen sie sich auf dem Baumwipfel so lange hin und her, bis sie die Äste des nächsten Baumes erreichten, sich daran festhielten, um nun diesen Baum abzupflücken. In einem Heftchen fand ich das folgende kleine Gedichtehen, das dieses kleine Geschehnis so recht wiedergibt:

„Kameraden, gebet acht,
ein großes Kunststück wird gemacht,
ich werd mich schwingen von dem Wipfel
hinüber auf den anderen Gipfel;
es ist ein Sprung von nur 10 Ellen,
ich könnte mich noch weiter schnellen,
doch stehet leider, wie ich seh,
kein anderer Baum mehr in der Näh!`

Der Zapfenmarkt besteht nun schon viele Jahrzehnte nicht mehr, denn die Samen, die die Forstbehörde für ihre Pflanzungen benötigt, werden durch besondere Zapfenpflücker gewonnen, die entsprechend ihrer gefährlichen Arbeit auch zweckentsprechend ausgerüstet sind.

 

Willy Hädrich, Hermsdorf 1957